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Narr

 

«Narretei und Irrsinn sind nicht das Gleiche». Ich liebe diesen Satz. Er ist die Kurzform eines Satzes in einer Medienmitteilung des Fasnachtsverbands Schweiz HEFARI. In dieser Medienmitteilung wehrt sich der Verband gegen Menschen, die unter dem Vorwand der Fasnacht das Versammlungsverbot umgehen wollen.

 

Ein Narr ist eine Person, die ihre Unwissenheit als Gelehrte aufplustert. Fasnachtsteilnehmer werden auch als Narren bezeichnet, die Fasnachtszeit als närrische Zeit, närrisches Verhalten als Narretei. Die Tradition der Fasnacht hat tiefe Wurzeln in unserer Gesellschaft. Verständlicherweise wehrt sich der Verband gegen Opportunisten, die diese Tradition missbrauchen wollten, um ihren Irrsinn zu leben. Irrsinn nicht Wahnsinn. Wenn ich den Aussagen gewissser Corona-Skeptikern zuhöre, habe ich allerdings manchmal schon den Eindruck, sie würden unter Wahnvorstellungen leiden.

 

«Pandemie? Welche Pandemie? Corona, Krebs, Aids, Polio, Diabetes, sogar Karies: Gibt's doch gar nicht – behaupten hartnäckige Leugner. Krankheiten einfach wegzuglauben, ist ein altes Phänomen. Und ein Geschäftsmodell für Scharlatane.», so beginnt ein lesenswerter Artikel in der Zeitschrift «der Spiegel». Ein Forscherteam der Universität Zürich hat auch analysiert, wie sich diese Haltung in den Kommentarforen von Onlineartikeln auswirkt. Das Resultat ist beunruhigend. In den Phasen verschärfter Massnahmen des Staates nehmen Verschwörungstheorien zu und man sieht das an den Kommentaren in diesen Foren. Facebookuser können das bestätigen, was ich da tagtäglich an Kommentare lesen, ist an Tragik kaum zu überbieten.

 

Anhänger von diesen Verschwörungstheorien irren sich, deshalb ist die Wortwahl von HEFARI korrekt. Sie unterliegen dem Irrtum, dass die Aussagen dieser Verschwörungstheorien korrekt sind. Irren ist menschlich, deshalb sollten diese Menschen nicht dafür bestraft werden. Sie sind Scharlatanen auf dem Leim gegangen. Sie sind keine Narren, die sich aufplustern.

 

Im Mittelalter war der Hoffnarr, der einzige, der dem Hofherrn die Wahrheit ins Gesicht sagen durfte, ohne um sein Leben fürchten zu müssen. Die Zeiten mächtiger Hofherren, die Andersdenkende einkerkern, ist in der Schweiz längstens vorbei. Alfred Escher konnte noch seine Tochter Lydia in eine Irrenanstalt stecken lassen, als sie sich scheiden lassen wollte, um ihren Liebhaber heiraten zu können. Auch das wäre heute deutlich schwieriger. Wir brauchen keine Narren, die «den Herren in Bern» sagen, was Sache ist. Schon nur deshalb nicht, weil der Bundesrat selber weiss, dass er in Coronafragen nicht allwissend ist. Er scheut sich auch nicht, das zuzugeben. Der Bundesrat sei nicht unfehlbar, sagte Bundesrat Berset kürzlich. In der Tat entscheidet er jeweils aufgrund des letzten Stands des Irrtums.

 

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