Als ich den Wutausbruch von Eckart von Hirschhausen auf ZDF nach der Unwetterkatastrophe in Deutschland sah, musste ich zuerst an unseren Klassenlehrer am Gymnasium denken und dann an den Film «the day after».
Der Arzt und Kabarettist von Hirschhausen ist nur neun Tage jünger als ich, wie ich eine Nebenerscheinung im Gesundheitswesen, nicht direkt am Patienten tätig. Es sind ähnliche Dinge, die uns geprägt haben, deshalb sieht die Welt für uns ähnlich aus. 1967, unser Geburtsjahr, wurde kein Friedennobelpreis vergeben. Die grosse Angst damals war ein Atomkrieg und sie blieb es noch lange. Als 1983 der Film «the day after» gezeigt wurde, waren wir gerade 16 und immer noch fürchtete sich die Welt davor, dass die Sowjetunion und die USA uns in einen Krieg hineinmanövrieren, der das Leben auf der gesamten Welt auslöscht. Als Maturapflichtlektüre gab uns Georg von Greyerz, der auch unser Englischlehrer war, ein Buch über Überlebende in Australien zu lesen, die darauf warten, dass die Radioaktivität auch sie erreicht, nachdem sie den Rest der Welt schon umgebracht hat. Ich fand das damals eine grausige Wahl und übersah die Botschaft dahinter, dass der Mensch seine Zukunft in eigenen Händen hat.
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion verschwand diese Bedrohung, die Globalisierung der Wirtschaft wurde beschleunigt. Neue Möglichkeiten entstanden, die Risiken übersahen wir. 21 Jahre nach «the day after» kam der Film «the day after tomorrow» und die globale Erwärmung war die neue weltweite Bedrohung.
Eckart von Hirschhausen spricht von einer globalen Krise, deren unterschiedlichen Ausprägungen die Pandemie, die Erderwärmung und die Unwetterkatastrophe sind. Wir beide wissen, dass der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore bereits vor 15 Jahren in «an inconvenient truth» davor gewarnt hat. Wir haben Al Gore zugehört, Bill Gates Warnung vor globalen Pandemien ebenso.
Da sass ich als vor meinem Fernseher und sprach zu von Hirschhausen, obwohl wir uns nicht kennen: «Junge! Auf wen bis Du wütend? Auf alle, die nicht überlegt haben, was die Folgen ihres Handelns sind? Da gehören wir beide dazu! Du hast wie ich den kalten Krieg erlebt, «the day after» und «the day after tomorrow» gesehen. Du hast wie ich auf Al Gore gehört und entschieden nicht zu schweigen. Haben wir die Katastrophe verhindert? Nein. Würde man heute einen Film drehen, würde er nicht «the day after irgendwas» heissen, sondern «today». Der Tag danach ist heute.»
Der Mensch hat seine Zukunft in eigenen Händen, gab mir Georg von Greyerz mit auf meinen Lebensweg. Ich habe die Botschaft nicht vergessen und heute ist sie mir wieder in den Sinn gekommen. Ich beginne auch nicht morgen, etwas zu ändern, wie im Lied von Jean-Jacques Goldman, sondern handle tagtäglich.
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