Eine Kirche steht fast zuvorderst auf dem Hügelzug zwischen dem Val Sinni und dem Val d'Agri. Weit und breit ist keine Siedlung zu sehen und doch ist Santa Maria Regina di Anglona eine der rund 1500 Basiliken der römisch-katholischen Kirche weltweit. Diesen Ehrenstatus hat sie 1999 von Papst Johannes Paul II erhalten, was das Ganze noch seltsamer erscheinen lässt.
Der vollständige Name ist Santuario di Santa Maria Regina di Anglona, was etwas Licht in dieses Mysterium bringt. Die Kirche wird als Heiligtum angeschaut, ursprünglich war sie aber eine Kathedrale. Anglona war nicht immer menschenleer, hier stand früher eine kleine Stadt mit einer Burg. Diese Stadt war der Sitz des Bistums Anglona, das später Anglona-Tursi hiess und heute Teil eines noch grösseren Bistums ist. Als die Stadt 1369 mit Ausnahme der Kathedrale einem Brand zu Opfer fiel, gaben die meisten Bewohner den Ort auf und zogen ins rund 10 Kilometer entfernte Tursi. Es dauerte fast zweihundert Jahre bis der Bischofssitz auch nach Tursi verlegt wurde. Die Kirche blieb bis heute erhalten, an einem Ort der zur Zeit der Griechen Pandosia hiess, gegründet wurde die Ortschaft wahrscheinlich aber bereits von den Enotrer, denn in der Piana della Conca d'Oro, unterhalb der Kirche, wurden Objekte dieses Volkes gefunden, die teilweise im Museum von Policoro ausgestellt werden. Pandosia wurde in einem Krieg genauso zerstört wie vorher die Griechen die enotrische Siedlung zerstört hatten. Was also auf den ersten Blick eine einsame Kirche im Nirgendwo ist, entpuppt sich beim genauer Hinschauen als der sichtbare Teil einer zweitausend Jahre alte Geschichte.
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