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Parallelstrukturen

Manchmal berichten Schweizer Medien von Aktivitäten des organisierten Verbrechens in der Schweiz. Diese können nicht verwundern, werden mafiöse Organisationen doch vom Geld angelockt. Ihre Aktivitäten können aber nur aufblühen, wenn der Staat Schwachstellen hat.

 

Das neue Königreich Italien war nach seiner Gründung in Süditalien schwach und unbeliebt. Bessere Bedingungen konnte das organisierte Verbrechen nicht finden. Zu diesem Zeitpunkt existierte die Camorra bereits seit fast drei Jahrhundert, aber erst jetzt blühte sie richtig auf und die Clans teilten sich Kampanien auf. In Sizilien blühte die Cosa Nostra auf, eine Organisation, die ursprünglich eine Selbsthilfeorganisation der Grossgrundbesitzer war. In Kalabrien entstand die ’Ndrangheta, möglicherweise wurde sie von Briganten nach dem Bürgerkrieg gegründet. In Apulien entstand erst in den 1980er Jahre die Sacra Corona Unita aus der Ausweitung der Aktivitäten der Camorra. Nur die Basilikata hat bis heute keine eigene mafiöse Organisation. Zu arm und damit zu unattraktiv war sie sehr lange. Erst das Entdecken von bedeutenden Erdölvorkommen und die Perspektive auf Sondermülldeponien weckten das Interesse der Camorra und der Sacra Corona Unita.

 

Diese Organisationen boten soziale Gemeinschaftsleistungen, Schutz, Karriere und damit Perspektive auf ein besseres Leben. Der Staat war dazu häufig nicht in der Lage.

 

Soziale Gemeinschaftsleistungen, Schutz, Karriere und damit Perspektive auf ein besseres Leben bot sonst nur die katholische Kirche an. Wer sich von ihr kostenlos ausbilden liess und sich als Gegenleistung in ihren Diensten stellte, konnte ein besseres Leben erreichen, ohne ein Verbrecher zu werden.

 

Buchempfehlungen

 

Carmine Abate (2014) Zwischen zwei Meeren. ISBN 9783351034108

 

Florians Grossvater will seinen Lebenstraum verwirklichen, den Wiederaufbau einer früheren Gaststätte, und legt sich mit der ’Ndrangheta an.

 

Gioacchino Criaco (2016) Schwarze Seelen. 9783852566849

 

Drei Kinder armer Ziegenhirten machen Karriere in der ’Ndrangheta. Der Bruder des Autors war einer der meistgesuchten Kriminelle Italiens, sein Vater wurde in einer Fehde ermordet.

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