In diesen Tagen sehen wir Donald Trump auf einer Welle reiten, die auf uns zurast. Diese Welle hat vor vielen Jahren angefangen sich aufzubauen. Ob sie ihre maximale Grösse erreicht hat, wissen wir nicht.
1861 rollte eine Welle über Süditalien. Sie zerstörte das bisherige System, veränderte Süditalien für immer.
Der sichtbare Surfer auf der Welle war damals Giuseppe Garibaldi, am Schluss setzte sich aber ein anderer durch.
Was Fukuyama einen gefährlichen Tribalismus nennt, entspricht dem amoralischen Familismus, den Edward Christie Banfield aufgrund seiner Feldstudien in der Basilicata der 1950er Jahren beschrieb.
Die Schweiz befindet sich aktuell genau in dieser Phase, die in Süditalien vor der Gründung des Königreiches Italien stattfand. Die Vermögensschere öffnet sich, im Schatten der sichtbaren Reichen bereichern sich «Emporkömmlinge» und Rufe nach Umverteilung oder Einheimischenbevorteilung werden laut.
Die Ungleichheit in der Vermögensverteilung war im 19. Jahrhundert deutlich grösser als heute. Wenn auch der Anteil der 10% Reichsten am Gesamtvermögen seit den 1980er Jahren wieder ansteigt.
Wir nähern uns wieder der Situation im 19. Jahrhundert.
Edamer zu produzieren kann für eine regional verankerte Schaukäserei keine Option sein, so wie es auch Grenzen bei der Anpassung der süditalienischen Grossgrundbesitzer gab. Weil es nicht nur um Ökonomie geht, sondern auch um Kultur.
Die Schweiz hat sich auf ihrem Sonderweg immer neutral verhalten, sich aus Konflikten rausgehalten so gut es ging. Nun ist sie eine Insel, einsam ohne Verbündete. Immerhin muss sie nicht überrascht feststellen, dass Uncle Sams schützende Hand verschwunden ist. Die Suche nach der neuen Heimat kann beginnen.
Bereits erreichen wir die 30. Etappe unserer Zeitreise. Wir halten wieder an, schauen zurück.
Die Hoffnung hat sich zerschlagen, die Schweiz sei irgendeinmal auf diesem Sonderweg falsch abgebogen und die Umkehr zur passenden Kreuzung würde die Schweiz wieder auf den richtigen Weg führen. Der Sonderweg geht zu Ende, weil die Schweiz die Grenzen des liberalen, direktdemokratischen Vielvölkerstaates zu spüren bekommt.
Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in der Schweiz keine Brandmauer-Diskussion. Die SVP ist teil der Regierung, im Gegensatz zu AfD. Im Gegensatz zur AfD wurde die SVP nie von einem Verfassungsgericht als verfassungsfeindlich eingestuft, nicht zuletzt, weil die Schweiz kein Verfassungsgericht kennt.
Von der Unfähigkeit der traditionellen Parteien enttäuscht, ihre Probleme zu lösen, haben bereits früher Wähler andere Wege gesucht. Sie haben Menschen gewählt, die nicht aus dem System kamen (Silvio Berlusconi, Emmanuel Macron) oder ganze Parteien (Cinque Stelle, La République en marche).